Leseprobe (1) aus
Heimalltag
(Seiten: 14 – 16)
Angelika, unsere einzige weibliche Erzieherin, und Manuel saßen schon am Tisch
und unterhielten sich darüber, ob am kommenden Wochenende, an dem Angelika
Dienst hat, die Gruppe selber kocht, oder wir das Essen von der Zentralküche
unsere Einrichtung beziehen sollen. Angelika wollte mit der Gruppe einen ihrer
Chili – Con - Carne – Eintöpfe kochen, doch Manuel protestierte heftig
dagegen, da er nach Genuß eines solchen Eintopfes furchtbare Blähungen habe.
Tja, so weltbewegende Themen können am frühen Morgen schon auf einen einstürmen.
Ich setzte mich mit dem Kommentar: „Sonst habt ihr wohl keine Probleme, außer
Chili und Blähungen?“ mit an den Tisch.
„Komm, Jan, das mußt Du doch auch zugeben. Beim letzten mal, als Geli“, so
nannten wir sie alle, „dieses Chilizeug gekocht hatte, war doch ein Blaskonzert
hier im Hause, daß einem Hören und Riechen verging.“ versuchte Manuel sich bei
mir Unterstützung einzufordern.
„Vor allem Riechen!“ bestätigte ich.
„Ihr zwei seid das, was ihr seid. Absolute Kulturbanausen und Kostverächter!“
erwiderte Angelika.
„Habe ich gerade etwas von Chili und Pfurzen gehört?“ erkundigte sich, der
gerade in die Küche kommende, Norbert.
„Ja, das hast Du. Und das heißt nicht Pfurzen, mein Schatz, sondern Abwinde.“
Bestätigte und korrigierte Angelika.
„Habe ich da gerade mein Schatz
vernommen ?“ erkundigte sich Norbert ungläubig.
„Sei vorsichtig Norbert, Geli, versucht Dich nur um den Finger zu rollen, damit
Du gleich für diese Chilipampe mit stimmst.“ mahnte Manuel.
„Geil! Können wir gerne machen. Habe nicht nur gut gefurzt danach, das Zeug hat auch geil geschmeckt. Mach nur Geli. Ich esse die auf jeden Fall und wenn die anderen nicht wollen, dann kochen wir halt nur für uns alleine.“
„Verräter!“ rief Manuel mit verächtlicher Stimme.
„Na, warten wir mal ab, bis alle hier eingetrudelt sind und dann können wir das
ja demokratisch abstimmen.“ Besänftigte Angelika.
Und die anderen kamen, bis auf einen, der mal wieder eine Extraeinladung
benötigte, Ulf, den mußte Angelika erst holen gehen. Er hatte heute mal wieder
keine Lust auf Schule, wollte in
seinem Zimmer den kranken Mann spielen, was bei Angelika allerdings nicht zog.
Laut protestierend kam er hinter Angelika her und pflanzte sich mißmutig an den
Tisch.
„In die Idiotenpenne kannst Du jemand anders schicken, aber nicht mich.“
Protestierte Ulf weiter.
„Das liegt doch nur an Dir. Ich weiß, daß Du mehr kannst und Du durchaus auf
eine andere Schule gehen könntest. Nur dafür mußt Du uns erst zeigen, daß Du das
mit der Schule auch ernst meinst. Also schön regelmäßig hingehen und nicht das
alte Spiel, vorne rein und hinten wieder raus.“ Erwiderte Angelika.
„Quark, umgekehrt wird ein Schuh daraus. Erst meldet ihr mich in der Realschule
in Kall an und dann gehe ich auch regelmäßig zur Schule.“
„Ulf, nicht schon wieder Deine alte Platte. Du kennst unsere Vereinbarung, also
halte Dich daran.“ Erwiderte Angelika.
„Ach Scheiße! Paco reich mir mal den Brötchenkorb rüber. Dann muß ich mir halt
Kummerspeck anfressen.“ beendete Ulf von sich aus die Debatte.
„Kummerspeck anfressen? Wohl kaum! Du könntest die ganzen Vorrat der Großküche
weg fressen und würdest kein Gramm zunehmen.“ Kommentierte Paco die
Aufforderung.
„Danke, Du Arsch, daß Du mich auch noch daran erinnern mußt. Klasse, nur weiter
so und ich bleibe den ganzen Tag schmollend im Bett liegen, dann seid ihr es
halt Schuld, daß ich nicht zur Penne gehen kann. Ihr wißt ja, so aus depressiven
Gründen.“ erwiderte Ulf.
„Ja, Ulf, meine Herzchen, wir wissen.“ Ging Angelika mit erkenntlich gespielten
Verständnis auf Ulfs Litanei ein, um aber schnell das Thema wider zu wechseln.
„Und nun zu einem anderen Thema. Da wir ja jetzt alle so friedlich versammelt
sind, können wir ja besprechen, was wir am Wochenende kochen wollen. Wie ihr
wißt, habe ich am Wochenende ja das Vergnügen Dienst zu haben. Da wollte ich
Euch fragen, ob wir wieder gemeinsam etwas kochen wollen oder wollt ihr lieber
aus der Großküche versorgt werden? Hatte mir so gedacht, daß wir wieder einen
schönen großen Topf Chili kochen.“
„Doch, war klasse, was wir beim letzten mal gekocht haben, bin auf jeden Fall
dafür.“ bestätigte Paco.
„Ich auch. Dann bekomme ich wenigstens wieder Magenkrämpfe und brauche am Montag
nicht zur Schule.“ Bestätigte Ulf Angelikas Vorschlag, allerdings dabei nicht
versäumend auf eine eventuelle
Erkrankungsmöglichkeit hin zu weisen, auf Grund derer er einen Tag ohne leidige
Schule verbringen könnte.
„Und was ist mit Euch, Darius und Marcus?“
erkundigte sich Angelika.
„Mir ist das egal.“ Antwortete Markus.
„Mir auch.“ meinte Darius.
„Gut, dann sind das zwei
Enthaltungen, dreimal Ja und wie stimmst Du Jan?“
„Da ich keine Lust habe wieder zu explodieren. Mit Nein!“ antwortete ich.
„Und zwei Nein Stimmen.“ Führte Angelika zu Ende. Also werden wir am Wochenende einen Topf Chili machen und für die, die kein Chili essen wollen, werde ich mir etwas anderes einfallen lassen. Hhm, .., wie wäre es da mit Bauernomelett?“
„Um Gottes Willen!“ kam es
fast aus einem Munde, von denen die vorher mit Nein gestimmt hatten, „Dann
sterben wir lieber an den Folgen der Chili Bohnen.“
So schnell können also
Erzieher, dank ihres geschulten Verstandes, so paar Deppen wie uns dazu bringen,
daß wir am nächsten Wochenende wieder als aufgeblähte Monster durch die Gruppe
stinken.)